Aufgaben sind fürs Lehren und Lernen essentiell. Auch im Hochschulkontext sind sie nicht wegzudenken. Denn sie unterstützen den Lernprozess der Studierenden, sie aktivieren und sie motivieren. Aufgabengestaltung in Selbstlern-Phasen nimmt einen besonderen Stellenwert ein. Warum das so ist und was gute Aufgaben besonders im asynchronen Raum ausmacht, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Die Merkmale von Selbstlern-Phasen
Eine kleine Wiederholung: In der Didaktik unterscheidet man die zwei zentralen Lehr- und Lernsettings des Synchronen und des Asnychronen. Synchrone Lehre meint die Gleichzeitigkeit von Lehren und Lernen. Klassisches Beispiel: Lehre im Hörsaal oder in einer Webkonferenz. Die Lehrperson und die Studierenden sind zur gleichen Zeit am gleichen (virtuellen) Ort.
Asynchrone Lehre meint, dass Lehren und Lernen zu verschiedenen Zeiten und an unterschiedlichen Orten stattfinden. Es sind also Phasen oder Kurse, in denen die Studierenden selbstständig lernen (zum Begriff des Selbstlernens gibt es von uns übrigens ein Youtube-Video). Wesentliche Merkmale von Selbstlern-Phasen sind die fehlende direkte Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden sowie die hohe Flexibilität für die Lernenden.
Aufgabengestaltung in Selbstlern-Phasen ist besonders wichtig. Und zwar egal, ob Lehrpersonen den Unterricht vollständig asynchron gestalten (Beispiel: ein reiner Selbstlern-Kurs) oder asynchrone und synchrone Lehre kombinieren (Beispiele zu Blended Learning-Konzepten gibt es in diesem Artikel von uns).
Warum Aufgaben in Selbstlern-Phasen so elementar sind
Ein wichtiger Bestandteil von Lernen ist die Wissensaufnahme, das sogenannte rezeptive Lernen. Die Lehrperson trägt beispielsweise etwas zum Thema XY vor und die Studierenden nehmen dieses Wissen auf. In der synchronen Lehre muss dafür keine explizite Aufgabe formuliert werden. Dass die Studierenden rezeptiv lernen sollen, zum Beispiel indem sie zuhören, mitschreiben, mitmachen und so weiter, ist auch ohne große Anweisungen der Lehrperson irgendwie klar. Es wohnt dem Kontext inne.
In der asynchronen Lehre dagegen muss schon das rezeptive Lernen durch Aufgaben begleitet und unterstützt werden. Hat die Lehrperson ein Video aufgenommen, in dem sie das Thema XY erklärt, sollte sie dieses Video nicht einfach irgendwo ablegen oder ohne Erklärung digital verschicken, sondern es mit einer konkreten Aufgabe verknüpfen. Eine solche Aufgabe muss mindestens die Anweisung “Schauen Sie sich dieses Video an” enthalten. Denn ansonsten kann es passieren, dass die Studierenden das Video übersehen oder nicht wissen, ob es relevant ist oder nicht.
Zusammengefasst: Aufgaben sind für jede Form der Lehre wichtig, in asynchronen Kontexten aber ganz besonders.
Tipps zur Aufgabengestaltung in Selbstlern-Phasen
Wir haben in diesem Beitrag schon einmal genau beschrieben, was bei der Aufgabengestaltung in der Hochschullehre generell zu beachten ist. Um nun Aufgaben speziell in Selbstlern-Phasen möglichst gut zu formulieren, gibt es hier noch weitere Tipps:
- Klar und eindeutig formulieren: Da in der asynchronen Lehre keine direkte Interaktion möglich ist, ist die klare Formulierung von Aufgaben besonders wichtig. So vermeiden Sie möglichst zeitraubende Verständnisfragen. Nehmen wir die Beispielaufgabe: “Fassen Sie die Kategorien aus dem Text zusammen.” Folgende Verständnisfragen könnten dabei aufkommen: Welche Kategorien genau sind gemeint? (Sind sie im Text benannt? Werden die Studierenden definitiv die korrekten Kategorien finden?) Welcher Text ist gemeint? (Ist er direkt in der Aufgabe verlinkt oder angehangen?) Wie soll zusammengefasst werden? (In Gedanken oder schriftlich? Soll irgendetwas mit den Ergebnissen passieren, wenn ja, was? Das könnte die Art und Weise, wie man zusammenfasst, beeinflussen…) Schon diese kurze Auflistung zeigt, wie viele Rückfragen aus einer kleinen Aufgabe entstehen können. Doch die sind zu vermeiden. Formulieren Sie Ihre Aufgabe und gehen Sie danach alle Begriffe oder Abschnitte aufs Genaueste durch: Versetzen Sie sich in die Lage der Studierenden, die die Aufgabe zum ersten Mal und mit weniger Hintergrundwissen lesen, und versuchen Sie, so viele Verständnisschwierigkeiten wie möglich zu vermeiden.
- Rückmeldung ermöglichen: Wie kriegen Sie es mit, wenn Studierende eine Rückfrage zu einer Aufgabenstellung haben? Schreiben sie eine E-Mail? Melden sie sich über das Learning Management System oder ein weiteres System der Hochschule? Warten sie bis zur nächsten synchronen Sitzung oder machen eine Sprechstunde aus? An dieser Stelle keine eindeutige Info zu geben, wirkt chaotisch und stellt für die Studierenden unnötige Hürden auf. Nennen Sie daher ganz klar einen Rückmeldekanal. So wissen die Studierenden, was zu tun, wenn Fragen zur Aufgabe aufkommen.
- Auf Rückmeldungen auch reagieren: Natürlich müssen Sie das gewählte Medium für Rückmeldungen nun auch regelmäßig überwachen. Wählen Sie also bewusst einen Rückmelde-Weg, den Sie auch tatsächlich häufig einsehen werden. Nur so können Sie bei der Nutzung durch die Studierenden zeitnah reagieren. Andernfalls laufen Sie Gefahr, Ihre Studierenden zu demotivieren oder Fragen unbeantwortet zu lassen.
Interessiert an mehr Infos zu Aufgabengestaltung in Selbstlern-Phasen?
weit&weiter bietet Ihnen verschiedene Materialien und Workshops, in denen Sie Aufgabenstellungen speziell im Asynchronen vertiefen können:
- Im Selbstlern-Workshop “Gestaltung von Selbstlern-Phasen” widmen wir uns im Detail dem asynchronen Lehren und Lernen. Auch das Thema der Aufgabengestaltung wird genauestens untersucht und anhand von eigenen Praxisbeispielen behandelt.
- Wie können Aufgaben aus den asynchronen Phasen mit der synchronen Lehre ideal verzahnt werden? Das und vieles mehr thematisieren wir im Workshop “Blended Learning: Der richtige Mix für Ihre Lehrveranstaltung”.
Quellen
- Diener, F., Gerner, V., & Kätzel, C. (2022). Gruppenarbeiten mit hohen Teilnehmerzahlen effektiv gestalten: Herausforderungen und Lösungsansätze für die synchrone und asynchrone Online-Lehre. In E-Learning im digitalen Zeitalter: Lösungen, Systeme, Anwendungen. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, 703–720.
- Kleß, E. (2016). „Reicht es nicht, Texte zur Verfügung zu stellen?“ Die Rolle der Lehrenden beim begleiteten Selbststudium. Lern-und Bildungsprozesse gestalten. Junges Forum Medien und Hochschulentwicklung (JFMH13), 133–140.
- Landwehr, N., Müller E. (2006). Begleitetes Selbststudium: didaktische Grundlagen und Umsetzungshilfen. hep.
- Mutz, B. & Pahr-Gold, P. (2021). Verantwortung für das eigene Lernen im Selbststudium. HiBiFo–Haushalt in Bildung und Forschung 10.2, 104–119.
- Wiemer, M (2014). Studierende beim Lernen begleiten. DUZ Magazin, 6/2014.
- Würffel, N. (2017). Gestaltung von Selbstlernphasen in Blended-Learning-Kursen. In K. Armbrost-Weihs, C. Böckelmann, W. Halbeis (Hg), Selbstbestimmt lernen – Selbstarrangements gestalten. Innovationen für Studiengänge und Lehrveranstaltungen mit kostbarer Präsenzzeit. 125–134.